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ST I, Quaestio 14 (HL)

    (Über das Wissen Gottes) – »Muss Er denn alles wissen?« – Das Wissen Gottes ist anders – und muss es sein. Es erlaubt keinen Irrtum, weil es die Differenz zwischen der Vorstellung im Erkennenden und dem wirklichen Gegenstand nicht kennt. Der Anspruch auf Wissen ist bei ihm immer schon eingelöst. Das, was ein Ding zu dem macht, was es ist, ist sein Wesen; es ist die Form, die die Materie zu dem versammelt, was ist. Die Formen finden sich in Gottes einfacher Vollkommenheit versammelt und geben den Dingen ihr Sein. Gottes Wissen ist Ursache des Seins, nicht die rezeptive Nachbildung, nicht Repräsentation von selbständig Seiendem wie das beim menschlichen Erkennen der Fall ist. …

    ST I, Quaestio 13 (HL)

      (Über die Namen Gottes) – »Um die Ecke gedacht« – Wenn wir wissen, dass jemand Thomas heißt, dann wissen wir noch nichts, außer seinen Namen und das ist wahrlich nicht viel. Der Name sagt nicht „was“ er ist, nichts über sein Wesen, sondern nur, dass dieser hier, Thomas genannt, von jenem Martin dort verschieden ist. Von Namen wie „Thomas“ und „Martin“ sprechen wir umsprangssprachlich zwar meist mit Blick auf Individuen und erwarten, dass von Personen die Rede ist. Aber natürlich könnten wir damit auch einen Hund und einen Fisch, einen Stier und einen Esel meinen. Die Namen sagen uns das nicht, sie bezeichnen nur etwas, über das dann Aussagen getroffen werden können: sie geben uns etwas, das noch als etwas bestimmt werden muss. …

      ST I, Quaestio 12 (HL)

        (Wie Gott von den Geschöpfen erkannt wird) – »Wesen ohne Wesensschau« – So ist das Ergebnis gar nicht entmutigend, wenn wir nur zwei „Sachen“ weglassen: per essentiam und videre. Eine Erkenntnis scheint dann besonders ausgezeichnet, wenn sie intuitiv und unmittelbar einsichtig ist. Unsere Vernunft ist diskursiv, nicht intuitiv. Sie kommt zu Erkenntnis, indem sie die „Sache“ sprachlich durchläuft und einen Gedanken an den nächsten setzt. Wir denken nach und umkreisen Gedanken an Gedanke setzend das, was es zu verstehend gilt. Am Ende scheint uns die Sache „klar“. Sie ist es, wenn und nur wenn wir in uns die Spur des Erwerbs haben und sie uns bei Bedarf wieder zum Ziel führt. …

        ST I, Quaestio 11 (HL)

          (Ob Gott Einer sei?) – »Das Eine und das Seiende« – Gott ist einer, es gibt keine Götter neben ihm. Das ist der Grundsatz des Monotheismus und die Grundlage des ersten Gebots der Gottesliebe. Gott mit ganzem Herzen, ganzer Seele und mit aller Kraft zu lieben, heißt nicht zuletzt, keine Götter neben ihm zu haben. Und es heißt vor allem, zu wissen, dass es keinen außer ihm gibt – der Sacra Doctrina sei Dank. Die Einheit Gottes wird von Thomas im dritten Artikel der Quaestio 11 zügig und ohne viel Aufwand begründet: sie folgt nach Thomas aus seiner Einfachheit, seiner Vollkommenheit und der Einheit der Welt(!) …

          ST I, Quaestio 10 (HL)

            (Über die Ewigkeit Gottes) – »Schwierige Zeiten« – Die Ewigkeit Gottes könnte wieder schnell entschieden werden. Wenn wir nur wüßten, was es heißt, „ewig“ zu sein. Und damit nicht genug. Thomas meint, dass wir darüber nur vernünftig reden können, wenn wir wissen, was Zeit ist. Die Sache bekommt also eine unerwartete Tiefe. Für Thomas allerdings kein Grund zur Beunruhigung: Wie wir das Einfache aus dem Zusammengesetzten erkennen, „so kommen wir zur Erkenntnis der Ewigkeit durch die Erkenntnis der Zeit“ …

            ST I, Quaestio 9 (HL)

              (Über die göttliche Unveränderlichkeit) – »Auch Aristoteliker haben Ideen. Gut so!« – Trotz der Vergänglichkeit aller Kreatur gibt es Unveränderliches, nämlich die platonischen Ideen. Als braver Aristoteliker will Thomas die Wirklichkeit platonischer Ideen relativieren – wirklich sind nur materialisierte Formen, nicht aber reine Ideen! Und CDH spricht als gelehriger Schüler beider Meister von „Reality Twins“, die auseinandergerissen, nichts mehr sind. Die festgefügte Ideen-Firewall dieser Truppe läßt tatsächlich nur „Ideen“ durch, die so wirklichkeitsflüchtig, rein und bedeutungsfrei sind, dass sie in der demilitarisierten Zone keinen Schaden mehr anrichten können. Platon freilich hat den Marktplatz der Argumente nie verlassen, der jetzt durch die jungen Wilden geschützt werden soll. …

              ST I, Quaestio 8 (HL)

                (Über die Existenz Gottes in den Dingen) – »Sagen wir es barsch – er ist mit uns im…« – Seine absolute Transzendenz gibt auch eine beruhigende Distanz. Er schwebt unendlich über uns und hat von uns Endlichen unendlichen Abstand. Und das ist die Herausforderung, der sich Quaestio 8 stellt: zwischen der Skylla der absoluten Immanenz Gottes, die ihn zur gehaltlosen prima Materia, zur amorphen Energie der Unbestimmtheit wirrer Esoterik macht, und der Charybdis der absoluten Transzendenz Gottes, deren erhabene Unzugänglichkeit seiner diesseitigen Bedeutungslosigkeit gleichkommt, gilt es mit ihm in „Berührung“ zu kommen. …

                ST I, Quaestio 7 (HL)

                  (Über die Unendlichkeit Gottes) – »Über Unendliches muss man richtig denken« – Man sagt wohl gemeinhin, dass Gott unendlich sei. Und Thomas befürchtet wohl nicht ganz zu Unrecht, dass hier einige Irrtümer naheliegen. Gerade die Vollkommenheit Gottes scheint seiner Unendlichkeit zu widersprechen: Vollkommen heißt etwas, wenn es vollendet, wenn es sein ihm eigentümliches „Ende“ erreicht hat. Nun wird etwas unendlich genannt, weil es kein Ende hat. Also gilt: „Alles Unendliche ist unvollkommen“. Und Gott damit nicht unendlich – oder nur in einer Form, die Thomas im nicht zuschreiben will. …